Externalitätshypothese

Dem Bilanzprinzip folgend, wurde die Aufmerksamkeit auch auf das Eßverhalten der Adipösen gerichtet. Experimente in Eßlabors von Schachter (1968, 1971) führten in der Folge zur Formulierung der Externalitätshypothese. Sie besagt, daß das Eßverhalten Adipöser außenreizgesteuert ist. Demnach wird das Erleben von Appetit, Hunger und Sättigung durch Umweltsignale beeinflußt und weniger intensiv durch Innenreize gesteuert.

Das Eßverhalten Übergewichtiger ist nach dieser Hypothese weitgehend determiniert durch Umweltsignale wie Aussehen, Geruch und Geschmack der Nahrung, aber auch durch Uhrzeit, Menge und deren Verfügbarkeit. Infolgedessen kommt es zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme, die über dem Energiebedarf  liegt und schließlich zur Adipositas beiträgt.  Lern- und Erziehungsprozesse werden als Grundlage für diese Verhaltensdispositionen angesehen. Damit eröffnete sich ein weites Feld für verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Hypothesenkonform zeigen Experimente mit dem Trickteller, daß Adipöse den sich leerenden Teller als Außenreiz benutzen und ihr Sättigungsgefühl von dem Füllzustand des Tellers abhängig machen (Pudel & Westenhöfer, 1991).

Die Konzepte des latent Übergewichtigen (Pudel, Metzdorff & Oetting 1975) und des gezügelten Essens (Hermann & Polivy, 1980) schränken die Gültigkeit der Externalitätshypothese ein. Mit beiden Konzepten werden Menschen beschrieben, die mit mehr oder weniger großem Verhaltensaufwand ihre Nahrungszufuhr begrenzen, um einer Gewichtszunahme vorzubeugen oder um ihr Gewicht zu stabilisieren (Pudel & Westenhöfer, 1991). Die Außenreizabhängigkeit, die verminderte Wahrnehmung der Körpergefühle sowie eine durch Streß ausgelöste Nahrungsaufnahme und fehlender Appetenzverlust ordnen Pudel und Westenhöfer (1991) nunmehr den Personen zu, die als gezügelte Esser oder latent Übergewichtige bezeichnet werden. Dabei stellt die Externalität der Adipösen ein Resultat auf eine Beschränkung der Nahrungsaufnahme dar.