Stress und Adipositas

Pudel (1982) hat im Eßlabor den Einfluß von Streß am „food-dispenser“ in mehreren Studien ausführlich untersucht. Er konnte je nach Stressor erhebliche hyper- und hypophage Reaktionen beobachten.

Vor allem aus psychosomatischer Sicht wird Essen als Reaktion auf Streß als bedeutender psychogenetischer Faktor angesehen. Essen wird dabei als Verhaltensweise verstanden, um Angst und andere emotionale Spannungen  zu verarbeiten und zu kompensieren. Diese Verhaltensweise wird nach Bruch (1973) schon in der frühen Kindheit erlernt. Verantwortlich sind unangemessene Reaktionen der Mutter, die Säuglinge und Kinder bei Unlust und Spannungszuständen abspeisen. Dadurch lernt das Kind nicht zwischen Hunger und anderen unangenehmen Gefühlen zu unterscheiden. In Folge dessen kommt es zu Fehlinterpretationen verschiedener Spannungszustände als Hunger.

In befragenden Untersuchungen findet Hamburger (1951, zitiert nach Pudel, 1982) bei 66 % adipöser Patienten hyperphage Reaktionen auf Streß. Mendelson et al. (1961, zitiert nach Pudel, 1982) stellen bei 44 % der adipösen Männer, 50 % der adipösen Frauen und bei 25 % der Normalgewichtigen hyperphage Reaktionen fest.

In einer Studie von McKenna (1972, zitiert nach Pudel, 1982) wird gezeigt, daß Streß bei adipösen Probanden zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme führt, wohingegen Normalgewichtige ihre Nahrungsaufnahme reduzieren.

Untersuchungen an Kindern (Jung & Pudel, 1977) zeigen, daß hyperphage Reaktionen und der Grad der emotionalen Spannung nicht in einem linearen Zusammenhang stehen, sondern eher eine umgekehrte U-Funktion beschreiben. Erheblicher Streß hat demnach eine Hypophagie zur Folge.